Riga und Jurmala
Die lettische Hauptstadt Riga ist mit über 700.000 Einwohnern die größte Stadt im Baltikum, ohne Zweifel die baltische Metropole schlechthin. Sie bietet eine beeindruckende Sammlung von architektonischen Schätzen, welche die über 800jährige, wechselvolle Geschichte der Stadt widerspiegeln. Das kulturelle Erbe wird angemessen ergänzt durch die zahlreichen Museen, Theater, Cafes und eleganten Restaurants. Es ist keine Überraschung, das Riga zur Europäischen Kulturhauptstadt 2014 gewählt wurde.
Die Altstadt Rigas (Vecrīga) ist UNESCO Weltkulturerbe. Das heutige Riga ist eine wirklich bemerkenswerte Mischung aus Gotik, Barock, Jugendstil, sowjetischer und moderner Architektur – alles verbunden durch Kopfsteinpflasterstraßen, die zu einer mittelalterliche Atmosphäre beitragen. Viele der Bauwerke aus dem 13. Jahrhundert sind intakt geblieben, so wie der Rigaer Dom (Doma Baznīca), die größte Kirche des Baltikums, mit einer Orgel bestehend aus 6768 Pfeifen. Die gotische Petrikirche (Petera Baznīca) wurde im ersten Jahrzehnt der Rigaer Geschichte erbaut und das meiste hat die letzten 800 Jahre überdauert. Der urspränglich hölzerne Turm war nicht so glücklich, er brach 1666 zusammen, wurde 1667 wieder aufgebaut, nur um 1668 wieder abzubrennen und ebenso erneut 1941. Das Besteigen des Turms bietet einen spektakulären Panoramablick über die Altstadt. Die drei ältesten Gebäude Rigas, die „Drei Brüder“, sind ein perfektes Symbol für die Vielfalt der Architektur dieser Stadt und zeigen den Kontrast zwischen Mittelalter und Barock. Am Rathausplatz (Ratslaukums) liegt das Schwarzhäupterhaus, eines der prachtvollsten Häuser ganz Rigas. Erstmals erwähnt wurde es 1334 und es war das Zunfthaus der „Compagnie der Schwarzhäupter“, einer Vereinigung von Kaufleuten in den Hansestädten des Baltikums. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude komplett zerstört und erst von 1993 bis 1999 wieder originalgetreu rekonstruiert.
Gegründet wurde Riga 1201 von Albrecht von Buxthoeven aus Bremen, der mit deutschen Kreuzrittern, Kaufleuten und Handwerkern am Ufer der Daugava landete und auch erster Bischof von Riga wurde. Kurz nach seiner Gründung trat Riga bereits der Hanse bei, nämlich 1282, und erlebte unter den hanseatischen Kaufleuten einen Aufschwung zu einer erfolgreichen Handelsmetropole. Riga blieb über Jahrhunderte eine von Deutschen geprägte Stadt. Noch Mitte des 19. Jahrhunderts waren über 40 Prozent der Einwohner Deutsche. Eine weitere Phase des Aufschwungs erfolgte nach 1629, als Riga in schwedischen Besitz kam und eine der größten Städte des Königreiches Schweden war. Die Schweden verloren die Stadt und Schwedisch-Livland 1719 an Russland, aber Riga blieb einer der dominanten Wirtschaftsstandorte der Region. Anfang des 20. Jahrhunderts war Riga eine außerordentlich reiche Stadt, dieses ist die Zeit in der all die aufwendigen Jugendstil-Bauten errichtet wurden. Es wurde soviel im Jugendstil gebaut, daß bis heute 40 Prozent aller Gebäude in der Innenstadt Rigas zum Jugendstil gezählt werden.
Im Kontrast zum Jugendstil steht die monumentale Konstruktion, die als „Stalins Kuchen“ bezeichnet wird und heute die lettische Akademie der Wissenschaften beherbergt – ein Zeugnis der sowjetischen Vergangenheit. Das genau so unattraktive Gebäude des Lettischen Okkupationsmuseum am Rathausplatz veranschaulicht eben diese Zeit der Besetzung des Landes. Ein Besuch dieses am meisten besuchten Museums Lettlands sei an dieser Stelle empfolen. Ebenso sollte man nich versäumen, den Zentralmarkt Rigas zu besuchen. In vier gigantischen Halbröhren, ehemalige Zeppelin-Hallen, wird von Fleisch über frischem Gemüse, Kuchen und Blumen bis zu Gourmetprodukten und lokalen Spezialitäten alles angeboten, was man sich nur vorstellen kann. Die schiere Größe der Gebäude ist fast beeindruckender als das Warenangebot im zweitgrößten Stadtmarkt dieser Art in Europa.
Abschließend sollte jeder Besucher Rigas natürlich noch Jūrmala besuchen – den größten Badeplatz des Baltikums, nur 20 Kilometer von Riga entfernt und mit den Lokalzügen bequem zu erreichen. Jūrmala begann seine Geschichte als Kurort bereits 1837 und es ist keine Frage, warum dieser Ort so beliebt wurde: Ein 32 Kilometer langer Strand aus weißem Quartzsand, Mineralwasserquellen und ein urige Wald an der Küste sind hier zu finden. Vor allem Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Jūrmala zahlreiche hölzernen Villen gebaut, zum Teil von namhaften Architekten. Eigentlich besteht Jūrmala aus mehreren, ehemaligen kleinen Fischerdörfern. Das noch ursprüngliche Vaivari liegt im Westen, der Ort Lielupe ganz im Osten. Der touristische Hauptort ist Majori, zu deutsch Majorenhoff, mit einer im Sommer sehr belebten Fußgängerzone.
Riga kann als Ausgangspunkt für mehrere Ausflüge in das Umland genutzt werden. Ein beliebtes Ziel ist der Gauja-Nationalpark mit der Burganlage von Turaida bei Sigulda. Südlich von Riga liegen zwei eindrucksvolle Schlösser: In Jelgava befindet sich der Jelgava-Palast aus dem 18. Jahrhundert, in hellen Farben blau und weiß erstrahlend, entworfen vom italienischen Architekten Rastrelli. Ein zweiter Abstecher führt zum Palast von Rundāle nahe der Stadt Bauska. Diese eindrucksvolle Schloßanlage wurde in der Mitte des 18. Jahrhunderts als die Sommerresidenz des Herzogs von Kurland errichtet. Rundāle ist ein wirklich lohnenswerter Ausflug zu einem spektakulären Beispiel des Barock und Rokkoko in Lettland.