Liepaja und Kurische Küsten
Liepaja, auf deutsch Libau, liegt im Süden Kurlands zwischen dem Liepaja-See, dem Tosmars-See und der Ostsee. Die Geschichte der Stadt beginnt als Fischerdorf, was angesichts dieser Lage wenig verwunderlich ist. Da der Hafen im Winter eisfrei ist, wurde Liepaja zu einer der wichtigsten Hafenstädte im Baltikum, die sogar mit Riga als Umschlagsplatz konkurriert. Die erste Erwähnung Liepajas geschah 1253, als die Stadt in zwei Teile geteilt wurde. Eine Hälfte fiel an den Livländischen Orden, die andere an den Herzog von Kurland. Nachdem 1560 der Livländischen Orden zerfallen war erhielt Liepaja 1625 die Rechte als unabhänige Stadt.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts ordnete Zar Alexander III die Errichtung einer enormen 8 Kilometer langen Befestigungsanlage im Stadtteil Karosta an, doch diese Anlagen wurden niemals angegriffen. Letztendlich wurden sie bereits vor dem Ersten Weltkrieg im Rahmen eines Friedensabkommens zwischen Russland und Deutschland wieder zerstört. Heute können Besucher die Überreste erleben, wie sie langsam in der Ostsee verschwinden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden von der Sowjetunion die Anlagen in Karosta wieder benutzt. Ein drittel Liepajas bestand aus einer sowjetischen Marinebasis mit bis zu 26000 Soldaten. Liepaja war eine geschlossene Stadt und sogar die örtliche Bevölkerung benötigte eine Erlaubnis für das Betreten. Karosta beinhaltet ein Militärgefängnis, das sowohl von den Sowjets, den Nazis und den Letten genutzt wurde – bis 1997 war es noch in Betrieb. Heutzutage können Besucher an einer Führung teilnehmen und eine Art „Reality Show“ erleben. Es ist sogar möglich sich in einer Gefängniszelle einsperren zu lassen und für eine Nacht Gefangener zu werden – mit entsprechender Behandlung...
Das Herz Liepajas ist der Rosenplatz (Rožu laukums). Der Platz ist der Haupttreffpunkt in der Stadt und wurde bereits 1910 angelegt, als hier 500 Rosenbüschen gepflanzt wurden. Eine andere Sehenswürdigkeit ist die evangelische Dreifaltigkeitskirche (Trisvienibas luterāņu baznīca). Sie wurde in der Mitte des 18. Jahrhunderts gebaut mit einer ungewöhnlichen Barock-Fassade, einer Rokkoko-Dekoration im Inneren und einer Orgel mit kollosalen 7000 Pfeifen.
An Liepajas ursprünglichen Stränden kann man, wie entlang der gesamten Küste, einen sehr sauberen und feinen weißen Sand vorfinden. Hier gibt es Erhohlung pur oder die Gelegenheit zu einem Spaziergang entlang der Promenade bis zu einer riesigen Sanduhr, die nicht mit Sand, sondern Bernstein gefüllt ist. Selbst für die Letten ist die Ostseeküste immer noch etwas Besonderes, da die meisten Abschnitte der Küstenline 45 Jahre lang militärisch genutzt wurden – bis 1991 – und völlig unzugänglich waren. Direkt hinter dem Strand liegt der Jūrmalas Parks, der Strandpark. Angelegt wurde der Park um 1870 von den reichen Familien, die hier ihre großen Holzvillen bauten. Heute ist der Park ein belebter Ort mit Cafes, Biergärten und Open-Air-Veranstaltungen im Sommer.
Auch nördlich und südlich Liepajas setzt sich die endlos wirkende Küste fort - mit menschenleeren Stränden: Im Süden, zwischen den Fischerdörfern Bernati und Jurmalciems befindet sich die mit 37 Metern höchste Düne Lettlands. Der Papes-See, ein flacher Lagunensee unmittelbar hinter der Küste gelegen, ist ein Paradies für Vogelbeobachter. Hier befindet sich auch ein Naturschutzgebiet, in dem Wildpferde zu Hause sind. Fährt man von Liepaja nach Norden in Richtung Ventspils, auf der sogenannten Bernsteinstraße, so trifft man auf weitere faszinierende Küstenlandschaften - und sogar auf eine jahrtausende alte Küste der Vergangenheit: Die ehemalige Küste des Baltischen Eisstausees, des Vorläufers der heutigen Ostsee, liegt heute weit im Binnenland. Von der höchsten Erhebung, dem Spicais Kalns, hat man eine gute Aussicht über die weite Landschaft bis hinüber zur heutigen Ostseeküste. Das rund 25 Kilometer nördlich von Liepaja gelegene Naturschutzgebiet von Ziemupe schützt die einzigartige Fauna und Flora der sandigen Dünenküsten. Der Küstenabschnitt bei Jurkalne gilt mit seiner hohen Steilküste als einer der schönsten Lettlands. Die kleine Hafenstadt Pavilosta hat ebenfalls einen sehr schönen Strand, der dafür bekannt ist, daß man hier nach Stürmen häufig Bernstein finden kann.